In Teil I und II des Artikels habe ich einige ausgewählte "Stoßrichtungen", denen Unternehmen momentan ausgesetzt sind, analysiert und aus den Ergebnissen negative Auswirkungen auf zwei exemplarisch ausgewählte Rollen geschlossen.
Wer sich wundert, dass der Fachkräftemangel in diesem Artikel bisher kaum angesprochen worden ist - auch in den nächsten 5-10 Jahren werden IT-Fachkräfte gesucht bleiben. Unterschiedliche Qualifikationen werden dabei aber auch unterschiedlich gefragt sein. Das globalere Wort "War for Talent" beschreibt es besser - um die besten Talente werden die Unternehmen "sich schlagen".
Bleibt die Frage, welche IT-Rollen der Gewinner der beschriebenen Entwicklung sein werden. Das ist sicher nicht pauschal zu beantworten à la "mach das und alles wird gut", sondern es geht um Tendenzen, die sich im Arbeitsmarkt langfristig niederschlagen werden.
Ich habe vier Rollen exemplarisch herausgegrausgegriffen, die aus meiner Sicht in den nächsten 5-10 Jahren stärker nachgefragt, dabei aber am Markt sehr wahrscheinlich nicht ausreichend angeboten werden:
IT Architect (-> Fokus Technologie)
- "Übersetzungen" der Anforderungen auf zukunftsfähige IT-Architekturen
- Einschätzung der "langfristigen Entwicklung" und Relevanz neuer Technologien und Paradigmen (z. B. SOA)
- Auslagerung von Umsetzung ins Near- oder Offshoring
IT Specialist Consultant (-> Fokus Technologie)
- berät Unternehmen umfassend zu Technologien wie z. B. CRM, ECM, SAP; ist auf diese Technologie fokussiert und spezialisiert
- Know-How branchenübergreifend, strategisch (z. B. wann, wo, wie) und technisch (z. B. Installation, Konfiguration, Programmierung etc.)
- akkumuliert systematisch Wissen & Erfahrung zu seinem Technologiefokus und praktischer Anwendung in Unternehmen
Business-Process-Analyst und -Engineer (-> Fokus Branche & Fachprozesse)
- Fachprozesse "durchdringen" und Optimierungspotenzial durch IT identifizieren
- umfassende Kenntnis über die Geschäftsprozesse der Kunden
- Analysen komplexer Anforderungen und Zusammenhänge
Change Manager (-> Fokus Branche & Fachprozesse)
- soziologische und psychologische Skills, Coaching-Kompetenz, interkulturelles Wissen
- Kenntnis von Prozessen und Herausforderungen des Change Managements in großen Strukturen
- Erfahrungen beim Rollout großer IT-Lösungen
Nochmal: Diese Aufstellung erhebt weder Anspruch auf Vollständigkeit noch ist sie eine Job- oder Vermögensgarantie. Man beachte aber, dass diese Themen zwei Dinge gemeinsam haben:
- Es sind keine "einfach" zu erlernenden Rollen, es wird eine komplexe Mixtur aus Wissen, "personal Skills" und Erfahrung benötigt.
- Die Rollen können nur teilweise, sehr schlecht oder gar nicht durch Near- oder Offshoring abgedeckt werden.
Fazit: Sowohl IT-Absolventen wie auch erfahrene IT-Profis sollten die persönliche IT-Qualifikationsentwicklung rechtzeitig selbst in die Hand nehmen und aktiv auf eine Rolle zuschneidern, die unter den gegebenen Entwicklungen in den nächsten 5-10 Jahren Nachfrage am Markt verspricht. Einige Beispiele habe ich oben genannt, die Suche nach weiteren Möglichkeiten bleibt dabei jedem selbst überlassen.
1 Kommentar:
Interessante Analyse. Ich hege jedoch nach wie vor meine Zweifel an dieser wie an ähnlichen Prognosen seitens z.B. Computerwoche u.ä., zumindest was den zeitlichen Horizont betrifft.
Ich habe den Eindruck, hier ist viel Wunschdenken im Spiel und der Druck seitens eines Managements, das entweder aus anderen Branchen kommt oder aber schlicht Bodenhaftung verloren hat. Denn nach meiner Erfahrung sind wir in der noch relativen jungen Disziplin des Software Engineerings trotz der Namensverwandtschaft noch lange nicht dort angelangt, wo wir in anderen, älteren Branchen wie z.B. dem Maschinenbau oder auch der Elektrotechnik schon sind. Nämlich an dem Punkt, definierte Schnittstellen zu haben, an denen sich erwartete Arbeitsergebnisse inklusive qualitativen Merkmalen hinreichend genau spezifizieren ließen, so daß man sie getrost an einen Dritten auslagern kann.
Im Gegensatz zu den "klassischen" Technologien, die allesamt den Naturgesetzen unterliegen, besitzen wir im Bereich der Softwareentwicklung quasi unbegrenzte Freiheit. Unendliche Freiheit bedeutet aber auch, Dinge nicht über Abgrenzungen definieren zu können, weil bei endlich vielen Abgrenzungen immer noch unendlich viele Möglichkeiten übrig bleiben. Bis heute haben wir uns z.B. nicht auf eine gemeinsame Vorstellung von Softwarequalität einigen können, nicht einmal auf Codeebene anhand von Metriken.
Darüberhinaus kämpfen wir noch an so vielen Stellen mit der Technik selbst, daß der fromme Wunsch, uns nun endlich mehr mit den Business-Problemen beschäftigen zu wollen für einige Zeit auch noch genau das bleiben wird, ein Wunsch.
Trennt man wie von Dir vorgeschlagen oder zumindest vorhergesehen die jeweiligen Rollen oder Schichten so streng (und Offshoring ist die strengst-mögliche Trennung), läuft man Gefahr, als verklärter "Business Consultant" Kunden das perfekte Projekt zu spezifizieren, daß aber niemand zu liefern im Stande ist.
Es gäbe noch viel zu sagen, aber dazu vielleicht einmal mehr in einem separaten Blogbeitrag. Die Diskussion jedenfalls ist spannend... Danke für den Anstoß.
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