Freitag, 25. Januar 2008

Einige Thesen zur Entwicklung des Enterprise Content Management (ECM)

OpenText, IBM/Filenet, EMC und Oracle haben sich gut positioniert und bleiben die Platzhirsche für große ECM Plattformen. SAP ist zurzeit noch eine große Unbekannte.

Open Source wird im gesamten IT-Markt zunehmend wichtiger. Alfresco hat es geschafft, den Schwung der Open Source Welle zu nutzen und als weiterer Spieler in den Markt einzutreten. Bei Erfolg ein idealer Übernahmekandidat.

Microsoft hat mit MOSS zwar kein "echtes" ECM-System, erobert aber durch die bereits vorhandene Präsenz in vielen Unternehmen den ECM-Massenmarkt. MOSS hat einen starken "Pull"-Effekt, denn Fachabteilungen möchten damit unabhängig von einer von oben diktierten und über einen Kamm geschorenen Unternehmensstrategie ihre Arbeitsabläufe mit Content Management und Collaboration dezentral unterstützen.

Das Thema ECM (in unterschiedlichen Namen und Akronymen) ist "gereift", die meisten großen Unternehmen haben bereits ein ECM oder zumindest die Grundlage für Content Management geschaffen. Auch der Mittelstandsmarkt ist durch die Penetration günstiger und dabei vollständiger Lösungen wie "EasyDMS" bereits gut versorgt. Echtes Neukundengeschäft wird für die Anbieter nur noch in den nicht versorgten Teilen des Mittelstands und der Kleinunternehmen bis hin zu Privatleuten zu machen sein. In diesem bisher wenig beachteten Massenmarkt ist eine Infrastrukturlösung schlecht zu verkaufen, daher wird ECM als SaaS-Lösung langfristig eine interessante Alternative bieten. Zusammen mit der Open Source Bewegung drückt das auf die Preise.

Zwei Bewegungen sind dafür verantwortlich, dass die Grenzen zwischen ECM und angrenzenden Bereichen verwischen: Zum einen emanzipieren sich aufwändig integrierte Komponenten wie z. B. Capturing bereits wieder als eigenständige Lösungen (z. B. Posteingang), zum anderen integrieren immer mehr Produkte ECM-typische Funktionalität (z. B. MS Vista oder Speichersystemanbieter). ECM wird "in die Zange genommen".

Die Folge: ECM wird "Commodity" und als "Content-Infrastruktur" in den nächsten Jahren Teil des Informationsmanagements werden. Content wird allgemeiner zu einem Informationsobjekt, Speichern und Wiederfinden von Informationen erfolgt direkt in den Standard-Applikationen des Anwenders, z. B. im ERP System. Der wahre Mehrwert von Inhalten liegt darin, dass sie in den dazugehörigen Geschäftsprozessen zum richtigen Zeitpunkt zur Verfügung stehen, um so produktiver zu sein, besseren Kundenservice zu bieten und Kosten zu senken.

Lösungen zu Themen wie Records Management, Posteingang, Wissensmanagement, Business Process Management und spezielle Branchenlösungen bieten immer noch einiges ungenutztes Potenzial. Besonders die kleinen Anbieter müssen zunehmend ihre Positionierung über einen besonderen Mehrwert gegenüber anderen erkämpfen. Im Fokus ist dabei aber nicht mehr das Content-Management-System, sondern der objektiv bewertbare Nutzen einer Lösung, sei es durch Vermeidung negativer Folgen (Stichwort Compliance), Prozessverkürzungen etc. Konkurrenz findet (noch) um den Projektfokus statt - geht es bei einem Prozessoptimierungsprojekt für einen Doumentfreigabeworkflow mehr um ECM mit angeschlossener BPM-Engine oder ist das ein BPM Projekt, in dem Dokumente die Informationsobjekte sind? ECM Anbieter werden weiter darum kämpfen, dass der Content das zentrale Objekt ist, sich aber langfristig als Infrastruktur für die Prozessunterstützung positionieren müssen.

IT-Verantwortliche haben schmerzlich feststellen müssen, dass der Wildwuchs der Plattformen zu enormen Folgekosten führen kann, daher wird das Thema Konsolidierung und Standards zunehmend wichtiger. SOA-Architekturen könnten eine Hilfe sein, scheitern aber häufig noch an der erforderlichen unternehmensweiten Ausrichtung. Die Finanzierbarkeit ist dabei einer der Aspekte, weil Fachabteilungen vor dem Hintergrund des nicht unmittelbar einsichtigen Nutzens zögern. Vernetzte, auf Services ausgerichtete Architekturen werden aber die ursprünglich monolithische IT-Struktur in jedem Fall aufbrechen und ablösen.

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